In der Tat ist es wahr, dass viele Bilder von Fesselungen akrobatisch dehnbare und gertenschlanke Models zeigen. Solche - perfekt anmutenden - Bilder finden sich haufenweise im Internet. Oft sind sie das Resultat einer langen Zusammenarbeit, hartem Training, Photoshop oder aber einem Model mit jahrelangen Ballett-/Yogaerfahrungen oder außergewöhnlicher Biegsamkeit. Nichts, was dem Durchschnitt entspricht- nur die Wenigsten können so grazil in den Seilen hängen und so manches Mode-Model sah schon aus wie ein Schluck Wasser, wenn es in die Hängung ging: es erfordert Training darin und braucht einen guten Muskelaufbau, welcher den Körper auch in den ungewöhnlichsten Positionen noch gut aussehen lässt. Selbst ein sehr schlanker Mensch kann mit Leichtigkeit einen Hängebauch bei richtiger (oder eben ungünstiger) Faltung und Hängerichtung bekommen und auch die schönsten Brüste können quadratisch gefesselt werden.
Manchmal ist nur eines von hundert Bildern eines Bondage-Shootings wirklich verwertbar im Sinne der gewünschten Ästhetik. Von daher sollte man sich nicht zu leicht von den zahlreichen professionellen Model-Aufnahmen in Seilen hängend oder gefesselt täuschen lassen.
Und nicht jeder möchte sich selbst hängend und halbnackt im Internet verbreitet sehen. Es geht vielmehr um den Spaß an der Sache und das Erleben- dass, was der Kopf mit uns macht, wenn wir gefesselt werden. Der Fokus im privaten Spiel ist ein ganz anderer und oftmals ist es gerade die natürlich-unverstellte Ästehtik, die reizt, wenn ein Körper in einer unvorteilhaften Position verschnürt wurde. Im Alltag versuchen wir oft uns besonders gerade hinzustellen, den Bauch einzuziehen, den einen oder anderen Makel - den oftmals nur wir selbst sehen- zu verstecken. Doch das alles hat keine Grundlage mehr, wenn wir gefesselt werden. Nichts kann mehr verstellt oder versteckt werden und jedes Gramm zuviel ist notfalls sichtbar. Wir haben es beim Fesseln mit einer absolut ehrlichen Angelegenheit zu tun, was den Körper angeht. Wir müssen pur dadurch und uns dem:der Partner:in hingeben- gerade das befreit und gibt uns das notwendige Vertrauen für tiefe Beziehungen. Ab einem gewissen Grad der Fesselung ist nur noch das Atmen die einzige Sache, für die wir uns wirklich interessieren sollten - ein wunderbarer Zustand, unverstellt auf das Wesentliche gebracht. Und ja, wir können die Frisur nicht mehr richten, den Bauch nicht mehr unter der Kleidung verstecken und das Makeup fließt unter Schweiß und mitunter auch mal Tränen die Wangen runter.
Nicht jeder hat den Mut dazu, sich mit dem Wissen nicht perfekt zu sein, dem:der Partner:in offen hinzugeben. Und nicht alle vertrauen sich auf dieser Ebene. Aber jene, die es haben und tun, erleben Momente tiefster Befreiung und Verbindung. Dies bezieht sich übrigens auch auf Männer, welche gesellschaftlich immer stark sein müssen und ebenso darunter leiden können - ganz wie die Frauen unter dem ihnen aufgelegten Schönheitsdiktat von Modelidealen.
Beim Fesseln geht es um das Annehmen - vom Partner, der Situation, aus der wir nicht mehr so schnell entkommen können, und uns selbst. Wir erleben Momente des Glücks, der Stärke, der Hingabe, von Ekstase und können Loslassen. Dafür haben wir Mut und Vertrauen aufgebracht.
Leider sind Hängungen in den Seilen für stark übergewichtige Personen schmerzhafter, da nur begrenzt die Auflagefläche der Seile und somit die Verteilung des Körpergewichts auf der Hautoberfläche erhöht werden kann. Dennoch stellt dies absolut keinen Grund dar, warum weniger schlanke und bewegliche Menschen nicht gefesselt oder mindestens in Halbsuspension (Halbhängung) aufgehangen werden sollten. Es gibt eine Vielzahl von Figuren, welche problemlos mit absolut jeder Person gefesselt werden können. Besonders gelenkig braucht man dazu auch nicht unbedingt sein. Es gibt Werte und Eigenschaften die für Bondage sehr viel essenzieller sind als Dehnbarkeit, einer schlanken Figur oder eine extreme körperliche Beanspruchbarkeit. Hierzu zählen (für den passiven Part) Hingabefähigkeit, Mut, Experimentierfreudigkeit und Vertrauen.